Werden in Reppenstedt Fördermittel verschwendet? 6. Jun. 20224. Aug. 2022 | Oliver Glodzei Am 24. Mai wurde im Dritten, in der Reihe Panorama 3 ein recht befremdlicher Beitrag gesendet. Unter der Überschrift „Fördergelder für Radwege werfen Fragen auf“ durfte sich genau ein Bürger über die kommenden Radwegeprojekte in Reppenstedt empören, und der ist noch nicht einmal Reppenstedter. Der Beitrag zielte wie es scheint von vornherein darauf ab, eine vermeintliche Verschwendung von Fördergeldern anzuprangern, für die eilig Projekte erfunden würden, die kein Mensch braucht. Verständlich, dass der gesamte Gemeinderat und der Gemeindedirektor empört sind: Jedes unserer geplanten Projekte, für das jetzt Förderzusagen vorliegen, wurde von uns über viele Jahre vorbereitet, verschiedene Ansätze diskutiert, beantragt und gestaltet. Die Redaktion verzichtete scheinbar darauf, die Aussagen des (hier übrigens geschätzten) Thilo Clavin ausreichend zu hinterfragen. Gemeindedirektor Steffen Gärtner wurde zwar ebenfalls befragt, aber in den Beitrag fanden nur Aussageschnipsel Eingang, die der vermuteten Zielsetzung nicht entgegen zu stehen scheinen. In der Landeszeitung nimmt Redakteur Dennis Thomas sich den Beitrag stirnrunzelnd vor und rückt einige Fehlinformationen gerade. Der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk ist ein wichtiger Stützpfeiler unserer Demokratie und zeichnet sich meist durch hohe journalistische Qualität aus. Gerade die Marke Panorama genießt zurecht viel Ansehen und Vertrauen. Aber mal ernsthaft: DAS war kein Heldenstück. „Haben Sie mal eine Karte aufgeschlagen?“ Wir hatten nach der Sendung Fragen an die Redaktion und haben die über deren Webseite gestellt (Antwort weiter unten). 1. Haben Sie außer mit Herrn Clavin mit weiteren Bürgerinnen oder Bürgern, etwa auch aus Reppenstedt, gesprochen? 2. Sie berichten zunächst vom Sandweg zwischen Reppenstedt und Vögelsen und lassen Herrn Clavin darin behaupten, dass dieser Weg nur für Land- und Forstwirtschaft freigegeben sei, dort „nichts los“ sei und lassen ihn fragen, wo dort das Verlagerungspotenzial sei. Sie lassen ihn weiter behaupten, dass die Gemeinde Reppenstedt „offenbar planlos alle Feldwege, die sie hat“ für neue Radwege auserkoren habe. Haben Sie die Aussage überprüft, dass der Weg nur für Land- und Forstwirtschaft freigegeben sei? 3. Haben Sie zur Bewertung des Verlagerungspotenziales eine Karte aufgeschlagen und die Alternativrouten zwischen Reppenstedt und Vögelsen in Ihre Betrachtung mit einbezogen? 4. Haben Sie mit Mitgliedern des Gemeinderates Reppenstedt, zum Beispiel dem Bürgermeister, gesprochen und sie mit der Frage konfrontiert, ob dieses oder andere der kritisierten Projekte vielleicht unabhängig von einer Förderung schon länger geplant waren? 5. Haben Sie diesbezüglich in unserem öffentlich zugänglichen Ratsinformationssystem recherchiert? 6. Sind Sie der von Herrn Clavin aufgeworfenen Frage, ob weitere „Feldwege“ als Radwegeprojekte geplant sind, nachgegangen? Was war das Ergebnis? Sie berichten dann über einen geplanten Radweg entlang des Brockwinkler Weges zwischen Reppenstedt und Lüneburg, den die Gemeinde „selbst einmal als Fahrradstraße geplant“ habe. 7. Haben Sie sich diese Planung als Fahrradstraße erklären lassen und warum sie letztlich nicht zustande kam? Von wem? 8. Haben Sie sich über Schüler*innenverkehre zwischen Reppenstedt und Lüneburg und die Bedeutung der Verbindung dafür informiert? Wo oder bei wem? 9. Haben Sie mit anderen Radfahrerinnen und -fahrern gesprochen, vor allem mit solchen, die auf dem Rad weniger routiniert unterwegs sind als Herr Clavin? Was bedeutet dieses Schild? Antwort: Keine Nutzung durch Fahrzeuge über 7,5 t, Land- und Forstwirtschaft ausgenommen (Bildschirmfoto aus dem Panorama 3-Beitrag) Die öffentlich einsehbaren Planungsunterlagen für Reppenstedts Radwegeprojekte lassen sich mühelos im Ratsinformationssystem finden: Planungsunterlagen Radwegeprojekte „an diesem Punkt mit unserem Bericht tatsächlich selbst etwas unzufrieden“ Die Redaktion antwortete rasch und ausführlich und sogar ein bisschen selbstkritisch: Ausgangspunkt unseres Berichtes in der Sendung Panorama 3 war es, einer Zuschauer-Zuschrift nachzugehen. Dieser Zuschauer kritisiert vehement die Verwendung von Fördergeldern des Projektes „Stadt und Land“ in Reppenstedt und Umgebung. Darauf wurde auch in der Anmoderation des Berichtes verwiesen. Am Anfang des Berichtes haben wir zudem hervorgehoben, dass Thilo Clavin ein „Umweltaktivist und passionierter Fahrradfahrer“ ist, der natürlich von dieser Warte auf das Thema blickt. Uns ging es darum, diese Kritik anzuhören, ihr vor Ort nachzugehen und damit auch Fragen, Spannungsfelder und Kritikpunkte zu thematisieren, die über Reppenstedt hinausgehen. Wie etwa das Problem der „Flächenversiegelung“, sowie der Nutzung vorhandener Straßen und eilig aufgesetzter Fördermittel, die im sogenannten „Windhundverfahren“ vergeben werden. Der vehement vorgebrachten Kritik von Herrn Clavin haben wir die Ausführungen des Bürgermeisters der Samtgemeinde entgegengestellt. Natürlich haben wir auch in öffentlich zugänglichen Dokumenten wie etwa denen des Mobilitätsausschusses Lüneburg recherchiert und uns Karten und Verkehrswege angesehen. Darüber hinaus hatten wir noch viele offene Sachfragen, mit denen wir uns an Steffen Gärtner gewandt haben, einem sachkundigen Gesprächspartner, unter dessen Führung die Planungen und Förder-Anträge ausgearbeitet wurden. Selbstverständlich haben wir ihn zu jedem einzelnen Kritikpunkt von Thilo Clavin befragt, u.a. auch nach dem Weg nach Vögelsen. Ob dieser Weg, der laut Verkehrsschild vor Ort ein landwirtschaftlicher Weg ist, der richtige Ort für die im Förderprojekt anvisierte Verkehrswende sei. Herr Gärtner hat in seiner Antwort nicht erwähnt, dass es sich dort – auch wenn das Schild und die Sandoberfläche anderes suggerieren – um einen offiziellen Gemeindeverbindungsweg handele. Er hat stattdessen die Notwendigkeit eines Radweges dort mit den Zahlen aus der Verkehrszählung begründet und einem entsprechenden Verlagerungspotential von 10-15% der dortigen Autofahrer auf das Rad. Reppenstedt, so der Bürgermeister, befände sich im urbanen Raum, in dem es um die Anbindung an Radwegenetze ginge. So haben wir es in unserem Bericht auch abgebildet. Sogar die sich aus den Verkehrszahlen der Strecken ergebende anvisierte Verkehrsverlagerung pro Tag wurde von uns beziffert. Wichtig war uns auch, die Sicht der planenden Gemeindeverwaltung auf die Verkehrswende und auf die Menschen, die im urbanen Raum pendelten und dafür attraktive Radweg-Angebote bräuchten, darzustellen. Denn damit wird klar, dass der Umweltaktivist Clavin und der Bürgermeister, der diese Infrastrukturen plant, verschiedene Vorstellungen von der Verkehrswende haben. Was die Gründe angeht, warum die anfangs geplante Fahrradstraße wieder verworfen wurde, treffen Sie mit Ihrer Nachfrage einen wichtigen Punkt. Völlig unbestritten, hat dieser Weg von Reppenstedt nach Lüneburg eine Bedeutung für Pendler. Einzig die Frage nach der Flächenversiegelung und ob nicht doch eine Fahrradstraße möglich gewesen wäre, stand noch im Raum. Tatsächlich haben wir sowohl im Interview mit dem Bürgermeister darüber gesprochen, warum hier keine Fahrradstraße mehr geplant ist, als auch bei der Stadt Lüneburg noch einmal nachgefragt. Wir sind an diesem Punkt mit unserem Bericht tatsächlich selbst etwas unzufrieden. Wir fanden den Hinweis, dass eine Fahrradstraße hier nicht förderungsfähig gewesen sei, allein zu missverständlich, weil man sich in Lüneburg und bei Ihnen in der Gemeinde ja ausführlich mit vielen Punkten auseinandergesetzt hatte. Die vorhandenen O-Töne des Bürgermeisters waren an dieser Stelle leider etwas kompliziert, so dass wir hier am Sendetag noch viel umgebaut und textlich geändert haben, was leider auf Kosten der Klarheit ging. Trotzdem glauben wir, dass durch den Beitrag auch wichtige Fragen dargestellt wurden, u.a. die nach einem ausgewogenen Verhältnis von Flächenversiegelung und Radwegeinfrastruktur und welche Gemeinde bei solchen Fördermitteln am ehesten den Zuschlag kriegt. Wir hoffen, Ihnen mit unseren Antworten behilflich sein zu können!