Grüne mahnen an, BürgerInnen besser einzubinden

Der Haushaltsplan der Gemeinde Reppenstedt für 2018 wurde am Donnerstag einstimmig vom Rat beschlossen. Er hat ein Gesamtvolumen von rund 5,8 Millionen Euro im Ergebnishaushalt und 5,5 Millionen im Finanzhaushalt. Beide Teilhaushalte schließen mit einem Defizit, das aber aus den Rücklagen ausgeglichen werden kann.

Überschattet wird der Haushaltsplan von der unklaren Lage nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg zur Ortskernsanierung. Die Redner der Fraktionen gingen darauf nur am Rande ein. Für die Grünen sprach Fraktionssprecher Oliver Glodzei zum Haushalt. Hier die Rede im Wortlaut:

„Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Stille, liebe Frau Harms, lieber Bürgermeister Bergen, liebe Gäste.

Mal davon abgesehen, dass das OVG Urteil als Damoklesschwert über unseren Haushaltszahlen schwebt -die Beratungen darüber, was das für uns und unser Zahlenwerk hier bedeutet, sind ja noch gar nicht abgeschlossen- davon also einmal abgesehen, können wir Reppenstedter auf dem niedrigen Niveau, auf dem Kommunen in Deutschland finanziell gehalten werden, leise vor uns hin jubeln. Uns geht‘s nämlich gut.

Fraktionssprecher Oliver J. Glodzei

Ja, der Haushalt ist einmal mehr nicht ausgeglichen. Das ist zunächst einmal eine schreckliche Sache, aber so ganz schrecklich dann wohl doch wieder nicht, denn in den Jahren zuvor (das war übrigens die Zeit der grün-roten Mehrheit, die nicht mit Geld umgehen konnte) haben wir genügend Rücklagen gebildet, aus denen wir das Defizit dieses Jahres begleichen können.

Da es haushaltsrechtlich sowieso keine andere Möglichkeit gibt, an die Überschüsse der vergangenen Jahre heranzukommen, bringt mich das auch nicht um den Schlaf. Wir verballern hier ja auch in schwarz-roten Zeiten schließlich keine Kohle vollkommen sinnfrei, vom Planungswettbewerb rund um Rat- und Gellersenhaus mal abgesehen.

Das Vereinsleben ist für das Zusammenleben -und darum geht es ja in einer Gemeinde- unschätzbar wichtig, daher muss da auch Geld fließen. Wir haben uns alle gemeinsam wieder bemüht, das so fair wie möglich zu gestalten, auch wenn beantragte Zuschüsse meist nicht in voller Höhe bewilligt werden können.

Wir hatten noch Mittel beantragt, um in der Ortsmitte zusätzliche Bänke aufzustellen, und den öffentlichen Raum für die älteren Menschen attraktiver zu machen. Wer sich beim Spaziergang häufiger mal ausruhen muss, lässt sich so sicher noch eher in die Frühlingssonne locken.

Mit ähnlicher Zielsetzung hatten wir angeregt, eine öffentliche Toilette in der Ortsmitte zu errichten. Beide Anträge haben wir zurückgezogen, weil dafür bereits Mittel vorhanden sind, bzw. im Rahmen der Ortskernsanierung vielleicht verfügbar gemacht werden könnten. Nun ja. Wir werden diese Ideen jedenfalls weiter verfolgen.

Ebenfalls beantragt hatten wir eine Ertüchtigung des Fußweges entlang der L 216 westlich des Rathauskreisels. Er trägt de facto auch den Radverkehr und ist dafür viel zu schmal und gefährlich. Das Problem sehen auch die Kolleginnen und Kollegen, wollen das aber nicht mit hoher Priorität verfolgen. Trotzdem wurden dankenswerter einstimmig 20.000€ für erste Schritte eingestellt. Das Thema bleibt auf der Agenda. Vielen Dank dafür nochmals an alle hier und vielen Dank auch für den fairen Umgang unter- und miteinander!

Bündnis 90/GRÜNE werden dem Haushaltsplan zustimmen, denn unsere Verwaltung macht aus unserer Sicht finanziell alles routiniert und richtig. Dafür unseren aufrichtigen Dank.

Trotzdem sind wir Grünen nicht mit allem rundum glücklich, was unsere Verwaltung sonst so ausheckt und was die Mehrheitsgruppe mitträgt.

Der Schock über die Glyphosat-Entlaubung unseres künftigen Ereigniswaldes zum Beispiel sitzt bei uns immer noch tief. Zur Erinnerung: Im Juni hatte der Bauausschuss -gegen die beiden grünen Stimmen- beschlossen, die Fläche chemisch platt zu machen, damit noch im Herbst die ersten Bäumchen gepflanzt werden können. Vielleicht geht Ihr dieser Tage nochmal schauen, wieviele Bäume jetzt schon stehen?

In ganz Deutschland beschließt derzeit eine Gemeinde nach der anderen, auf Glyphosat zu verzichten oder es sogar auf verpachteten Gemeindeflächen zu verbieten, und Reppenstedt hat nichts besseres zu tun, als den Kram auf seiner Naherholungsfläche zu verteilen!

Das war kein Heldenstück!

Immerhin pflanzen wir auch anderswo gelegentlich Bäume -auch auf unserer Streuobstwiese in der Gerhart-Hauptmann-Straße gedeihen sie- an anderen hauen wir sie aus grüner Sicht allzu sorglos um. Und dabei spreche ich nicht von Sturmschäden oder der notwendigen Gefahrenabwehr. Da redet Ihnen keiner rein.

Ich meine alte Eichen, die neuen Parkplätzen weichen sollten. Bei der Erweiterung des Seniorenzentrums konnten wir das verhindern. Andernorts klappte das nicht so gut. Auch beim Baumschnitt sitzt die Säge uns eine Spur zu locker. Der heftige Rückschnitt im ganzen Ort war nach unserer Einschätzung übertrieben. Schön sieht das allemal nicht aus.

Auch in Sachen Bürgerbeteiligung schwächelt die Gemeinde wieder wie in alten Zeiten. Man spürt deutlich, dass in der Mehrheitsgruppe die Lobby für dieses Thema fehlt: Über die gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung hinaus, passiert recht wenig. Einzige löbliche Ausnahme bleibt die Rahmenplanung zur Ortskernsanierung in Reppenstedt. Umso erstaunlicher, dass das Gericht uns ausgerechnet die um die Ohren gehauen hat.

Wie wäre es eigentlich, wenn wir künftig bei Bauvorhaben, wie es uns am 1. Februar von den Herren von Liebermann und Dimke im Bauausschuss vorgestellt wurde, auch den Anwohnern eine Chance geben, ihre Sichtweise zu erläutern. Ich meine nicht, in der Einwohnerfragestunde, sondern so richtig mit Einladung und meinethalben eigener Präsentation und Diskussion. VertreterInnen der Anwohner sitzen dann hier bei uns mit am Tisch wie die Architekten und Planer und nicht im Publikum. Das wäre doch mal eine sichtbare Aufwertung von Bürgerinnen und Bürgern und trüge mit Sicherheit zu einer Versachlichung von Debatten bei.

Die Anwohnerinnen und Anwohner der Dachtmisser Straße, die uns um Einrichtung eines Tempo 30-Abschnittes baten: Wir haben das in nicht-öffentlicher Sitzung verworfen und die Anwohner erst auf Nachfrage darüber informiert! Wie peinlich ist das denn?

Die Anwohner im Weidenring! Die Dachtmisser! Warum bitten wir diese Mitbürgerinnen und Mitbürger nicht einfach im Vorfeld darum, uns auf der Ausschusssitzung, auf der ihr Thema auf der Tagesordnung steht, einmal detailliert ihre Situation zu schildern? Was kostet uns das außer ein klein wenig Zeit?

Gleiches gilt natürlich auch für die vom Sanierungsgebiet betroffenen BürgerInnen. Viel zu spät haben wir informiert. Und viel zu spät zugehört. Erst als die Tonlage schriller wurde, um ehrlich zu sein, und dann haben sich die Spezialisten für schrille Tonlagen ja gleich draufgesetzt.

Bürgernähe ist echt nicht Reppenstedts Stärke. Auch nicht nach fünf grün-roten Jahren, das muss ich selbstkritisch einräumen. Ich denke, wir haben in der letzten Wahlperiode viele gute Ansätze gehabt, aber es versäumt, die strukturell zu verstetigen. Das rächt sich jetzt scheinbar.

Seitdem wir im März vergangenen Jahres den Haushaltsplan verabschiedet hatten, gab es genau EINE Ratssitzung. EINE! Im November haben wir FÜNF inhaltliche Beschlüsse gefasst, unter anderem, den Showantrag der FDP/AfD Connection zum Thema Ausgleichsfonds abzulehnen. Heute stehen satte ZWEI Beschlüsse an.

Im selben Zeitraum hatten wir 13 nicht-öffentliche Verwaltungsausschüsse, in denen insgesamt 67 Entscheidungen gefallen sind, davon 58 direkte Beschlüsse, also Dinge, die endgültig im VA entschieden wurden. Vieles wurde in den Fachausschüssen vorbesprochen, aber erst im VA nicht-öffentlich zu Ende diskutiert.

Es gibt aber auch Beschlüsse, die nie außerhalb des VA gesehen wurden. Ja, Vertragsangelegenheit und so. Das muss ja auch so sein. Aber auch so streng geheime Staatssachen wie der Antrag des Plattdütschbeauftragten, dass auf den Ortsschildern künftig auch de plattdütsche Ortsnaam to lesen sin sülln. Oder die Teilnahme an der Gellersen-Messe. Nicht-öffentlich beschlossen, dass wir uns der Öffentlichkeit präsentieren wollen! Echt stark.

Oder das künftige Design unserer Gemeinde-Homepage, auf der wir allerdings derzeit ohnehin über fast nichts informieren. Nicht einmal der Eröffnungstermin unseres Ereigniswaldes steht darauf. Oder eine Stellungnahme zu dem heute schon erwähnten Urteil des OVG.

Lasst uns diese Seite doch mal mit Aktuellem füllen. Setzen wir an den Schluss der Tagesordnung einer jeden VA-Sitzung doch einen Punkt „zu veröffentlichende Beschlüsse“. Und dann gibt es jeweils eine Meldung darüber auf reppenstedt.de und an die Presse.

Und heute können wir ja gleich mal damit anfangen und die Eckdaten unseres Haushaltsplanes auf die Seite stellen. Und die Mittel, mit denen wir im Namen unserer Bürgerinnen und Bürger das Vereinsleben in Reppenstedt stützen dazu. Dann schalten wir die Kommentarfunktion frei und schauen mal, was passiert: Was sagt Reppenstedt wohl darüber, was wir da beschlossen haben?

Und wenn wir festgestellt haben, dass das gar nicht so schlimm war, machen wir das im nächsten Jahr schon VOR den Beratungen. Und schon sind wir dem Ideal der Bürgerbeteiligung wieder ein Stück näher gerückt.

Vielen Dank!“

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