Die Schuldenuhr tickt (nicht richtig)

Tickt richtig: Turmuhr Kirchgellersen

Die Schulden der Samtgemeinde Gellersen steigen. 8,7 Millionen bis zum Jahresende. Und in zwei Jahren werden wir wohl fast die Summe erreichen, die die CDU im Kommunalwahlkampf 2016 rot-grüner Politik anzudichten suchte. Opposition kann so einfach sein: Was macht die schwarz-rote Mehrheitsgruppe da bloß? Was ist das für ein Wahnsinn?

Gar keiner. Die aktuelle Haushaltspolitik unterscheidet sich nicht wesentlich von der der letzten Wahlperiode. Sie wird nämlich im Großen und Ganzen vom Samtgemeindebürgermeister bestimmt, vom Samtgemeinderat und seinen Ausschüssen geprüft und stets von der großen Mehrheit mitgetragen. Tatsächlich werden die wenigsten Investitionen der Samtgemeinde wirklich kontrovers diskutiert. Das liegt vor allem daran, dass die meisten schlicht notwendig sind.

So kann die Feuerwehr schlecht mit dem Fahrrad zum Einsatz fahren. Die Schulen müssen auf der Höhe der Zeit gehalten und der Entwicklung der Schülerzahlen angepasst werden. Gleiches gilt für die Kindertagesstätten. Flüchtlinge sind adäquat unterzubringen. Die Verwaltung braucht ausreichend Raum in einer wachsenden Samtgemeinde und vieles mehr.

Solche Investitionen werden meist durch Kredite finanziert. Das geschieht nicht, weil die Samtgemeinde mehr haben will als sie sich momentan leisten kann, sondern weil der Nutzen einer Investition über viele Jahre, oft Jahrzehnte hinweg entsteht, die Kosten aber größtenteils zu Beginn des Investitionszeitraumes anfallen. Deshalb „mietet“ der Samtgemeindekämmerer die Investitionssumme gegen Zinsen für einen gewissen Zeitraum. Diese „Miete“, also Zinsen, kann sich Gellersen leisten, weil es finanziell kerngesund ist.

FDP und AfD halten die Samtgemeinde dagegen für „überschuldet“ und offenbaren damit ein bestürzend schlichtes Wirtschaftsverständnis. Die FDP-Fraktionschefin musste sich am Montag im Samtgemeinderat denn auch von mehreren Seiten belehren lassen, dass von einer Überschuldung keine Rede sein könne. Die liegt nämlich erst dann vor, wenn die Verbindlichkeiten das Vermögen übersteigen, und Gellersens Vermögen liegt bei einem Vielfachen der Verbindlichkeiten.

Diese Zusammenhänge und die konkreten Zahlen sollen nach einem Beschluss des Samtgemeinderates der letzten Wahlperiode übersichtlich auf www.gellersen.de dargestellt werden. So können sich alle Bürgerinnen und Bürger jederzeit über die Finanzlage informieren, ohne sich vorher durchs Ratsinformationssystem durchwühlen zu müssen (wo alle Zahlen auch jetzt schon zu finden wären).

Eine plakative Schuldenuhr, wie sie einst die CDU und neulich wieder die AfD mit freundlicher Unterstützung der FDP forderte, ist schlichtweg Quatsch. Sie führt höchstens zur gleichen Fehlinterpretation, der die Vertreter beider Parteien selbst unterliegen.

Aber wahrscheinlich ist ja genau das die Absicht. Opposition kann so einfach sein. Nur sieht verantwortungsvolle Ratsarbeit halt anders aus.

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